Das älteste Wiesnzelt ist am Abend eine Zeltdisco, in der sich das jüngste Publikum der Wiesn trifft.
Seit sagenhaft langer Zeit baut die Familie Schottenhamel jährlich ihr Festzelt auf. Erstmalig war dies 1867 der Fall. Nach einem heißen Sommer 1872, der die Biervorräte in die Knie zwang, waren es die Schottenhamels die aus der Not eine Tugend machten und das in Wien erfundene Märzenbier auf der Wiesn ausschenkten. Den Offizieren und Studenten, die damals bevorzugt die Schottenhamel-Festhalle aufsuchten, war es den Aufpreis, der für das gehaltvollere Biere verlangt wurde, offenbar wert und so setzte sich das Märzenbier in den Folgejahren auch bei den anderen Brauereien durch. Schüler und Studenten sind es auch, die auch heute noch einen erheblichen Anteil des Publikums ausmachen. Letztere haben sogar eigene Seitenboxen, die ihm Besitz von Studentenverbindungen sind. Davon zeugen auch die Zirkel, die die Wände schmücken.
Untrennbar verbunden ist die Geschichte der Festhalle Schottenhamel mit dem Eröffnungsritual. Seit 1950 zapft hier der Oberbürgermeister den ersten Hirschen an. Kurioserweise war dieser bei der Einführung dieser Tradition gar nicht vom Spaten- sondern vom Hofbräu, weil sich die Wirte mit der Brauerei nicht über den Wert deren Ware einigen konnten.
Sein heutiges Aussehen hat das Schottenhamelzelt 1953 erhalten, der derzeitige Bau wurde im Jahr 2000 eingeweiht. Geteilte Meinungen herrschen über die im Karree um die Tische angeordneten Bänke. Die einen schätzen die Kuschligkeit im prall gefüllten Zelt, während andere gerne a bisserl einen Platz zum Essen hätten.
Musik und Stimmung
Der reservierungsfreie Bereich ist jeden Tag schnell vom sehr jungen Publikum eingenommen, während sich das restliche Zelt erst am Abend mit den Reservierungsgästen füllt. Ein Teil des Zeltes wird inzwischen in drei Schichten reserviert. Mit wachsender Beliebtheit wurde in der jüngeren Vergangenheit der letzte Sonntag im Schottenhamel als dritter großer Schwulentreffpunkt auf der Wiesn etabliert.
Die Kapelle Otto Schwarzfischer ist zum einen dafür bekannt, früher am Tag auch das oder andere anspruchsvollere Stück zum Besten zu geben, leider aber auch für häufige Wiederholungen am Abend. Zudem mag die Kapelle bei der Prägung des Begriffs Ballermannwiesn nicht ganz unbeteiligt gewesen sein. Die Musik wechselt zwischen Ballermannhits samt endloser Zickezacke-Tiraden und bierzeltuntypischer Top-40-Musik.
2022 wurde die Festkapelle des Zelts ab 20:30 erstmals durch eine Showband ersetzt. Schwarzfrischer-Musiker Max Gutsmiedl tauscht dann das Trachten- durch ein Polohemd und sorgt mit kleinerer Besetzung als den Tag über für eine Stimmung irgendwo zwischen Bierkönig und Abiturball. Das Repertoire enthält ungewohnt viel aktuell Chartmusik und bedient in erster Linie die Wünsche der jüngsten Biertrinker.
Speisenkarte
Kulturell ebenfalls fragwürdig sind die Hamburger, die seit 2015 angeboten werden. Kulturpessimisten, die nun das Ende des Abendlandes aufziehen sehen, will man offenbar damit besänftigen, dass es sich ja um „Bayerische Burger“ handelt. Wodurch solch ein Hamburger die höheren Weihen empfängt, sich bayerisch heißen zu dürfen, wird dem ratlosen Gast allerdings nicht weiter erläutert. Das Mittagsangebot besteht aus zwei Gerichten.
Seit 2023 darf das Zelt auch Wein und Schnaps ausschenken. Deshalb bekommt das Zelt 2024 erstmals eine Bar neben dem Hauptgang.
Reservierungen 2024
Reservierungen können seit 19. Dezember direkt über das Reservierungsformular auf der Internetseite des Zeltes angefragt werden. Allerdings sind die Reservierungsschichten teilweise mit drei Stunden sehr kurz. Unter anderem waren zum Start Nachmittagsschichten für den Feiertag dabei. Außerdem wird für gewöhnlich im Juli ein Münchner-Kontingent vergeben.