Im Gegensatz zum Bier waren Trachten bereits 1810 ein wichtiger Bestandteil.

Trachten spielten auf der Wiesn im Gegensatz zum Bier tatsächlich von Beginn an eine zentrale Rolle. Bereits zur Vermählung Ludwigs I. mit seiner Therese 1810 traten Kinder auf, die in exemplarische Trachten aus den unterschiedlichen bayerischen Kreisen die Vielfalt des neuen Königreichs darstellen sollten. Abseits von organisierten Trachtlern, war die Geschichte der Bekleidung der Festbesucher jedoch eine wechselhafte, die viele verschiedene Epochen erlebte.

Über die Wiesnbesucher der ersten 100 Jahre existieren nur wenige zeitgenössische Quellen. Es darf angenommen werden, dass man sich für die Wiesn wie sonst auch gewandete. Manch einer alltäglicher, andere dagegen festlicher. Besondere Anlässe wie der Hauptsonntag oder die Einweihung der Bavaria wurden eher in Festkleidung begangen. Die Bauern der eingemeindeten Dörfer richteten sich in ihrer Tracht nach der Himmelsrichtung. Südlich der Altstadt, in Sendling beispielsweise rückte man in Gebirgstrachten aus, während sich der Schwabinger Bauer in Dachauer Tracht wohl fühlte. Das Münchner Bürgertum führte neben alltäglicher Kleidung gerade zu Beginn des 19. Jahrhunderts gerne auch ihr Bürgergwand, also Spenzergwand oder Münchner Mieder und Riegelhaube aus.

Im Laufe des Jahrhunderts kam jedoch immer mehr Bewegung in die bürgerliche Mode, sodass das unbequeme Mieder ab 1870 zurückgedrängt wurde. Verdrängt wurde es jedoch nicht. Der Zuzug vom Land übernahm die tradierte Kleidung, welche sich somit unter Dienstmädchen und Bedienungen großer Beliebtheit erfreute. Beleg hierfür ist beispielsweise August von Kaulbachs berühmte Darstellung der Bedienung Coletta Möritz als Schützenliesl. Für die Wiesn kleidete man sich auch weiterhin nicht in für diesen Ort speziell erstandenen Gewändern. Nachdem in der 1930er Jahren, u.a. befeuert durch das Weiße Rößl und die Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen, Trachtenmode zunehmend im Münchner Stadtbild zu sehen war, wurde aber auch auf der Wiesn in gleichem Maße vermehrt bairisches Gewand getragen.

Ein gänzlich anderes Bild begann sich in den 60er Jahren zu entwickeln. Wurde bisher zwar auch Trachten auf der Wiesn getragen, wie man es eben auf anderen Festen auch tat, begann sich nun eine kommerzielle Verbindung der Trachtenmode mit dem Oktoberfest zu schnüren. Trachten wurden in München also erstmals unmittelbar als Kleidung für die Wiesn angepriesen. Vorreiter dieses kommerziellen Siegeszuges war damals Loden Frey. Weiteren Anschub erhielt diese erste Welle dedizierter Wiesnkleidung durch die Olympischen Spiele 1972, die der bayerischen Kultur weltweite Aufmerksamkeit bescherte. Au dem Zenit dieses Trends verkaufte gar Yves Saint Laurent trachtenartige Kleidung.

Daraufhin brach die erste Wiesntrachteneuphorie aber auch schon wieder ein, doch kamen Mitte der 80er und wieder Mitte der 90er im Zehnjahresrhytmus die nächsten Höhepunkte für die Münchner Trachtenhändler. Letzterer schwemmte allerding auch die merkwürdige, für viele Augen eine Herausforderung darstellende Landhausmode in die Bierzelte. Diese war jedoch so schnell wieder vergessen, wie sie gekommen war und machte nach der Jahrtausendwende Platz für die derzeitige Trachtenwelle, die ihr Maximum noch nicht erreicht zu haben scheint. Um das Jahr 2008 herum begannen beispielsweise auch Touristen, sich trachtig zu kleiden. Auch nahm in diesem Zuge der Begriff Oktoberfest immer mehr den Charakter einer Gattungsbezeichnung an. In Deutschland, der Schweiz und sogar in Österreich schießen seither die Oktoberfest- oder Wiesnpartys wie Schwammerl aus dem Boden.