Selbst Dünnbier hielt die Münchner nach dem Krieg nicht von der Theresienwiese fern.
Wird das Oktoberfest 2022 wegen der SARS-CoV-2-Pandemie abgesagt? Sollte Covid-19 für eine weitere Verschiebung des 187. Oktoberfest sorgen, wäre dies die 27. Absage in dessen Geschichte.
Nachdem wir bereits auf die Ersatzoktoberfeste nach dem Ersten Weltkrieg zurückgeblickt haben, widmen wir uns in diesem Artikel der letzten Wiesnpause und deren Bewältigung in Form der Herbstfeste 1946-1948.
Von 1939 bis 1945 fiel die Wiesn verständlicherweise dem zweiten Weltkrieg zum Opfer. Das Oktoberfest 1939 war freilich längst geplant, doch an eine Durchführung eines Volksfests war wenige Wochen nach Kriegsbeginn nicht zu denken. Umso bemerkenswerter allerdings ist die Tatsache, dass 1940 dennoch ein Volksfest auf der Zirkuswiese auf der Schwanthalerhöhe stattfand, wo die Besucher zwischen Splittergräben mit Karussellen fuhren und Schiffen schaukelten. Groß muss die Sehnsucht gewesen sein.
Die Zeit des Nationalsozialismus überstand die Theresienwiese glücklicherweise, trotz mehrerer Pläne, ohne bebaut zu werden. Auch die Bavaria und die Ruhmeshalle hätten diesen eigentlich zum Opfer fallen sollen. Nachdem die amerikanische Militärregierung 1945 dem Antrag des Bayerischen Landesfachvereins ambulanter Gewerbetreibender, eine Wiesn durchzuführen, noch nicht genehmigen wollte, wurde die Theresienwiese ihrer Bestimmung als Festwiese immerhin im Frühling 1946 wieder gerecht. Für das kleine aber gutbesuchte Frühlingsfest wurden endlich wieder die Karussells aus den Werkstätten geräumt.
An ein richtiges Oktoberfest war in der zu 50% zerstörten Stadt jedoch noch lange nicht zu denken. Am 14. September wurde immerhin ein Herbstfest auf einem Drittel der gewohnten Fläche eröffnet. Zwei Festwirte, davon nur einer mit Festkapelle, schenkten im Wechsel das Dünnbier aller Münchner Brauereien aus. Die Ochsenbraterei war nicht darunter, diese war noch nicht entnazifiziert.
Nachdem Nahrungsmittel nur mit Marken zu beziehen waren, lag der Schwerpunkt aber eh auf den immerhin 200 teilnehmenden Fieranten. Die Münchner Schausteller sammelten sogar sehr erfolgreich Spenden um die Stadt beim Wiederherrichten der Festwiese zu unterstützen. Schießbuden wurden von der amerikanischen Militärregierung übrigens aus politischen Gründen nicht genehmigt. Ersatzweise wurden beeindruckende 25 Wurfbuden aufgestellt. Bemerkenswert ist auch die Dauer des Festes von 23 Tagen.
1947 wurde gar nur ein einziges Festzelt für das Herbstfest aufgebaut. Das Geld jedoch saß bei den Besuchern locker – schließlich konnte man es im Alltag nur gegen wenige Waren eintauschen. Und so wurden vom Festwirt sagenhaft 1,5 Millionen Maß Dünnbier verkauft. Das entspricht der Menge, die heutzutage zwei große Zelte zusammen verkaufen. Und das, wo die Gaudi mangels Strom täglich bereits um 19 Uhr zu enden hatte.
Das Herbstfest 1948 war das erste nach der Währungsreform. Obwohl es dem Großteil der Bevölkerung an Geld mangelte, war der Drang die lukullischen Entbehrungen der letzten Jahre angesichts des gestiegenen Angebots nun endlich nachzuholen. Sogar Vollbier kam verbotenerweise zum Ausschank und den Trachtlern war ein kleiner Festzug am Hauptsonntag gestattet.
Obwohl das Herbstfest 1948 damit bereits ein guter Vorgeschmack auf eine richtige Wiesn war, umgab die Entscheidung 1949 wieder eine solche durchzuführen, eine heftige Diskussion. Im Wesentlichen wurde Kritik von den bis Mai regierenden Amerikanern befürchtet, zum anderen Bestand Unsicherheit ob des Gelingen des Festes. Sollte das erste Nachkriegsoktoberfest nicht die Erwartungen erfüllen, fürchtete man, die Wiederbelebung des größten Volksfestes der Welt könne nachhaltig scheitern.
Letztlich sollten die Befürworter recht bekommen. 1949 war die längste Wiesnpause in ihrer Geschichte endlich beendet und der Grundstein für eine glorreiche zweite Hälfte des Jahrzehnts gelegt.