Obwohl kürzlich vom Stadtrat behandelt, zeigen manche Wirte erneut, dass die Regelung der Einlösbarkeit von Markerln, bzw. deren Durchsetzung ungenügend ist.
Für uns überraschend hat der Münchner Stadtrat heuer beschlossen, die Gültigkeit der Wiesnmarkerl zu erweitern. Während die Wirte sie bislang noch bis Ende Oktober in ihren Stammhäusern anerkennen mussten, ist dies zukünftig gar bis Jahresende der Fall. Den Gutscheinen kommt eine große Bedeutung zu, da die Stadt den Wiesnwirten erlaubt, für die Reservierung von Tischen an eine Mindestabnahme zu knüpfen. So bezahlen Wiesnbesucher bereits Monate vor ihrem Besuch mittlere dreistellige Summen pro Tisch und geben den Wirten eine Kreditlinie, die nicht nur kostenlos ist, sondern für die sie inzwischen sogar noch 1,50 € Gebühr pro Person zahlen dürfen. Für die Wirte ein ganz hervorragendes Geschäft – nicht zuletzt auch, weil eine erhebliche Menge an Gutscheinen vermutlich nie eingelöst wird.
Die große Menge an Verzehrgutscheinen, die jedes Jahr ausgegeben wird, nicht nur im Rahmen von persönlich getätigten Reservierungen, sondern häufig auch als Geschenk vom Arbeitgeber oder Geschäftspartnern, hat dazu geführt, dass das letzte Wiesnwochenende regelmäßig von Markerlinhabern überrannt wurde, die im Wesentlichen nur für deren Einlösung das Oktoberfestbesuchen wollten. Um Überfüllungssituationen zu vermeiden, hat die Stadt auf dieses Phänomen schon vor vielen Jahren reagiert, indem sie den Wirten in ihren Verträgen vorschreibt, dass die Markerl auch nach der Wiesn noch in ihren Wirtschaften einlösbar sein müssen.
In den letzten Jahren war leider festzustellen, dass immer mehr Wirte dazu übergehen, nach der Wiesn den Wert der Gutscheine eigenmächtig, oft auch ohne Vorankündigung, zu reduzieren. Wir haben uns dem Thema erstmals letztes Jahr angenommen, nachdem Winzerer-Fänhdl-Wirtin Arabella Schörghuber den Wert der Gutscheine gar auf null reduziert hatte. Und das, obwohl die Stadt während der zweiten Wiesnwoche bekannt gab, man könne die Markerl im Reservierungsbüro zurückgeben. Wer sich auf diese Information verließ und dem Geist dieser Regelung folgend, nicht die Möglichkeit nutzte, die Wertzeichen noch kurz vor Wiesnende einzulösen, bekam also keinen Gegenwert für die zum vollen Preis gekauften Bier- und Hendlzeichen.
Seit Jahren sind es Wiesnbesucher gewohnt, auf vielen Bierzeichen zu lesen, dass sie nur während der Wiesn Gültigkeit haben (obwohl manche dem sogar selber auf der Rückseite widersprechen). Auch die Geschäftsbedingungen sprechen teilweise diese Sprache. Bei der Fischer-Vroni heißt es in den AGB beispielsweise, „die erworbenen Wertmarken können ausschließlich im aufgedruckten Zeitraum im Festzelt der Fischer Vroni eingelöst werden. Eine Erstattung von Wertmark-Restsummen oder nicht eingelösten Wertmarken ist nicht möglich.“
Andere schließen eine Gültigkeit nach der Wiesn aus, räumen aber eine Kulanzregelung ohne Rechtspflicht ein. Eine beliebte Formulierung, in diesem Beispiel aus den AGB des Schützenfestzelts lautet, „aus Kulanz und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht können nicht verbrauchte Gutscheine bis spätestens 31.12. des ausgegebenen Jahres in einem vom Festzelt bestimmten Betrieb eingelöst werden.“
In anderen Varianten wird die nachträgliche Einlösbarkeit zwar eingeräumt, jedoch auf einen unbezifferten Wertverlust hingewiesen (Beispiel Hacker-Festzelt) oder dieser immerhin tatsächlich genannt. Beim Armbrustschützenzelt, z. B., wird der Wert eigenmächtig um 20 % reduziert und zudem die Gültigkeit, den Betriebsvorschriften zuwider, immer noch auf den 31. Oktober beschränkt. Andere Wirte reduzieren den Wert der Gutscheine, sogar ohne darauf in den AGB hinzuweisen.
Negativ-Beispiel Marstall-Festzelt
Obwohl thematisch eigentlich sehr passend, ist es allerdings nicht das Armbrustschützenzelt, das den Vogel abschießt. Das ist wie gewohnt das Marstall-Festzelt, das es immer wieder schafft, die Messlatte an Kundenunfreundlichkeit zu verschieben. Die Gutscheine, die man dort ganz münchnerisch Voucher nennt, gibt es in der Regel nur im Singular, sie werden nämlich bevorzugt tischweise ausgegeben – und das mit Angabe von Tag und Schicht der Reservierung. Sowohl in den Geschäftsbedingungen als auch auf den Gutscheinen heißt es, „Voucher gelten für die Dienstleistung der Reservierung für einen Tisch(e) für das bestimmte gebuchte Datum mit einer bestimmten Reservierungsschicht sowie den verbindlich gebuchten Vorbestellungen“, zudem sind sie auch noch ausdrücklich namensbezogen. Dabei ist in den städtischen Betriebvorschriften unmissverständlich festgelegt, dass „die Mindestabnahmegutscheine, die in Zusammenhang mit Reservierungen erworben werden, ihre Gültigkeit für die gesamte Dauer des Oktoberfestes behalten [müssen]“.
Doch auch die Marstall-Wirtsfamilie Able zeigt sich kulant. Weiter heißt es in den Geschäftsbedingungen, „kulanterweise werden bei Differenzbeträgen (Differenz zwischen Voucher und Rechnungsbetrag von mindestens 200,00 €) Restwert-Voucher erstellt. Bis zu einem Differenzbetrag von 199,99 € besteht kein Anspruch auf einen Restwert-Voucher - es wird hierbei der Mindestverzehrumsatz auf den Rechnungsbetrag aufgebucht, damit der Reservierungsvoucher verrechnet werden kann.“ Wer also während seiner Reservierungsschicht, und die meisten davon dauern beim Marstall gerade mal drei Stunden, einen Unterverzehr von bis zu 200 € hat, erhält dafür keine Gegenleistung. Es ist nicht möglich, diese bis zu 200 € unabhängig von der Reservierung einzulösen. Dann gilt es Brezn zu bestellen und diese daheim einzufrieren. So schmecken sie daheim in Ratingen eh viel besser.
Noch dreister gehen die Ables in folgendem Fall vor: „Bei Nicht-Erscheinen zur gebuchten Dienstleistung kann der Voucher aus Kulanz ebenso in einen Restwert-Voucher umgeschrieben werden. Hierbei werden 50 % Aufwandsentschädigung vom Voucherbetrag einbehalten.“ Nicht-Erscheinen ist in den AGB so geregelt, dass bereits nach einer 20-minütigen Verspätung kein Platzanspruch mehr besteht und die Plätze neu vergeben werden. Das heißt also, wer nicht in der Lage ist, seine Reservierung wahrzunehmen, hat nur noch Anspruch auf die Hälfte des bezahlten Gutscheinwerts, wenn dieser zu einer anderen Zeit eingelöst werden soll. Dass das ganze auch noch mit einer Aufwandsentschädigung gerechtfertigt wird, kann nur heißen, dass das Nachbesetzen von Plätzen im Falle des Marstalls ein schier unmögliches Unterfangen sein muss. Wie viele Punkte bekommt der Betrieb eigentlich jedes Jahr bei seiner Zulassungsbewertung in der Kategorie „Anziehungskraft“?
Die sogenannten Restwert-Voucher verfallen weiterhin ausdrücklich mit dem Ende der Wiesn, worauf wir im Vorjahr schon hingewiesen haben, was aber offensichtlich nicht zu einer Besserung führte. Nur Einzelgutscheine, also Champagner- oder Bierzeichen, können auch nach der Wiesn eingelöst werden – allerdings nur 31. Oktober. Die aktuellen AGB, auf denen der beschriebene Umstand basiert, stammen übrigens vom 16. Juni. Die Neureglung durch den Stadtrat erfolgte bereits am 9. Mai. Man scheint sich angesichts dieses zeitlichen Zusammenhangs schon außerordentlich fest im Sattel zu wähnen.
Welche Änderungen notwendig wären
Da die Reduzierung des Gutscheinwerts nach der Wiesn in den letzten Jahren im Wirtekreis an Beliebtheit gewonnen hat und die Pflicht zur Einlösung nach der Wiesn nicht auf uneingeschränkte Gegenliebe stößt, befürchten wir, dass die Ausweitung der Einlösungsfrist letztendlich zu einer reduzierten Einlösungsbereitschaft führt. Derzeit ist es den Wirten offensichtlich möglich, den Wert der Markerl nach der Wiesn auf null zu reduzieren, wie letztes Jahr beim Paulaner-Festzelt geschehen, und wie heuer anscheinend erneut beim Marstall passiert.
Das zu in den letzten Jahren zu beobachtende Fehlverhalten, oder zumindest eine für den Besucher sehr nachteilige Auslegung der Oktoberfest-Betriebsvorschriften, scheint außerdem keine wahrnehmbaren Auswirkungen auf die Wiederzulassung der immer gleichen Wirte zu haben. Dabei könnte man deren offenbare Gegnerschaft zu ihren eigenen Gästen durchaus auch als Unlust ein Wiesnzelt zu führen interpretieren, und dass dies der Marke Oktoberfest wenig zuträglich ist.
Der Veranstalter oder der Stadtrat könnte nun festlegen, dass die Regelungen zur Gültigkeit der Gutscheine sich auf ihren unverringerten Wert beziehen und dass, ja was eigentlich noch? Dass mit dem 31. Dezember tatsächlich das Jahresende gemeint ist und nicht der 31. Oktober oder gar das Ende der eigenen Reservierungszeit? Das ist doch bereits eindeutig geregelt. Wie kommen manche Wirte denn überhaupt dazu anzunehmen, dass man den Gästen die im Voraus bezahlten Leistungen eigenmächtig kürzen dürfe? Wieso ist es den Wirten offensichtlich erlaubt, einfach eine Rechtspflicht gegenüber den Gästen auszuschließen? Gerade dieser Umstand ist ein wesentliches Problem, da man als Käufer somit sein seitens der Stadt vorgesehenes Recht auf Einlösung nach der Wiesn nicht einklagen kann. Wem 2022 Markerl aus dem Mindestverzehr für das Winzerer Fähndl übrig geblieben sind, hat diese nach der Wiesn weder einlösen noch umtauschen können. Dass die Stadt dieses Recht für die Wiesnbesucher einklagen würde, wäre uns nicht bekannt.
Wenn man sich vor Augen führt, in wie vielen Punkten beispielsweise der Marstall in einer Neufassung seiner AGB, nur einen Monat nach der Neuregelung der Gutscheingültigkeit, verstößt, kann es an den Regeln selber eigentlich nicht liegen. Das Problem scheint vielmehr darin zu liegen, dass der Veranstalter manchen Wirten anscheinend ihre teilweise eigenartige Interpretation seit Jahren durchgehen lässt. Letztendlich können sich die Stadträte den Kopf zerbrechen – wenn Vorschriften nicht durchgesetzt werden oder sinnentstellend interpretiert werden dürfen, haben sie eben keine Wirkung.
Wenn man die Wertminderung nach der Wiesn nachträglich legalisieren, in Zukunft aber unterbinden möchte, kann man nun freilich ausdrücklich festlegen, dass die Gutscheine ihren Wert zu 100 % behalten müssen, auch wenn es noch so selbstständig scheint. Wir hätten allerdings einen weiteren Vorschlag: Wieso werden also die Gutscheine nicht, wie bei anderen Volksfesten üblich, auch im Folgejahr, wenn nicht gar den Folgejahren zu ihrem monetären Wert anerkannt? Das hätte für die Wirte den Vorteil, dass ihre teilweise schwierigen Firmengeflechte nicht zu einem Buchhaltungsalbtraum führen und für die Stadt, dass auch die nachträgliche Einlösung in die Umsatzpacht mit einfließt.
Aktualisierung: Neue AGB beim Marstall
Das Marstall-Festzelt hat in Reaktion auf unsere Berichterstattung am frühen Nachmittag des 22. August neue AGB an seine Kunden verschickt, die laut der PDF-Datei am 4. August erstellt wurden. Im Laufe des Tages wurde auch im Reservierungsformular die von uns bemängelte Fassung vom 16.6. ersetzt. Die 200€-Grenze ist genauso wie die 50%-Klausel bei Nicht-Erscheinen verschwunden. Es heißt nun, dass die Gutscheine im Fall des Nicht-Aufbrauchens oder Nicht-Erscheinens in einen Restwert-Voucher umgeschrieben werden. Dieser hat bis Jahresende Gültigkeit. Das Umschreiben geschieht allerdings explizit nur „aus Kulanz“. Ein Recht darauf sprechen die Wirtsleute ihren Gästen somit weiterhin ab.