Reservieren kann auf dem Oktoberfest jeder. Versumpfen ist die Königsdisziplin des Wiesnbesuchs. Dafür benötigt man nämlich Hingabe und a bissl Glück.
Versumpfen ist ein Verb, das eine unverhofft lange Verweildauer an einem prinzipiell beliebigen Ort beschreibt. Versumpfen ist eine Tätigkeit, oder vielmehr ein Zustand, der vielen Wiesnbesuchern widerfährt. Möglicherweise ist Versumpfen gar als Königsdiziplin des Wiesnbesuchs zu beschreiben. Versumpfen nämlich ist ein Zustand, der dem Wiesnbesucher widerfährt, wenn er sich unverhofft wohl an einem Ort fühlt. Sei es ein Biergarten oder ein Bierzelt.
Leider wird das Versumpfen oft in ein schlechtes Licht gestellt. Daher betrachten wir einmal den Gegenentwurf zum Versumpfen. Dieser wäre nämlich eine Abendreservierung beim Wirt der Wahl des Wiesnbesuchers. Diese Art der Reservierung hat einen festen Beginn sowie ein festes Ende. Auch die Gesellschaft dieser Art des Wiesnbesuchs ist meist von vornherein festgelegt, schließlich ist für den gesamten Tisch ein Mindestverzehr pro Person zu errichten.
Versumpfen hingegen mag maximal einen festgelegten Beginn sowie einen Ort von vornherein beinhalten. Alles Weitere ergibt sich abhängig von der Stimmung, die der Ort, die Zeit, sowie – ganz wichtig – die in der Regel größtenteils spontane Zusammenstellung der zu versumpfenden Gesellschaft. Eine Versumpfung ist also nie geplant, sondern ergreift den versumpfenden Wiesnbesucher grundsätzlich unvorbereitet. So lässt er sich beispielsweise vertieft in ein hintergründiges Gespräch, immer und immer wieder eine weitere Maß von der Bedienung servieren, so dass deren Gesamtzahl eindeutig über die im Vornherein vereinbarte Menge von Eins hinausgeht.
Sollte sich die möglicherweise im Laufe des Konsums wechselnde Gesellschaft als dermaßen unterhaltsam herausstellen, dass die Anzahl der vorher angedachten Biere im weiteren Verlauf erheblich überschritten wird, ist ab sofort von einem Versumpfen zu sprechen. Die Verweildauer weicht nun erheblich vom vorher angedachten Maß ab, das Zeitgefühl weicht einer Glückseligkeit, die durch Gesellschaft, Ort und Konsum herbeigeführt wird. Und letzterer wird in einer Art und Weise fortgeführt, die vorher nie angedacht war.
Somit spiegelt das ungeplante Versumpfen viel mehr den Zauber der Wiesn wider, wie es je eine Reservierung – und mag es sonst noch so schwer sein, aufgrund von Überfüllung in ein Zelt zu gelangen – jemals herbeizustellen in der Lage wäre. Denn reservieren lässt sich ein jeder Biertisch. Um ein Versumpfen überhaupt zuzulassen, muss der Ort der Versumpfung eine besondere Qualität erfüllen, wie sie abseits des Oktoberfestes nur selten anzutreffen ist.