Das große Politikum vor dem Oktoberfest 2013 ist die neue Reservierungsregelung. Was Spontanbesucher freut, bringt Stammgäste auf die Barrikaden.
Es scheint tatsächlich möglich: Die Wiesn 2013 hat im Vorfeld ein Thema hervorgebracht, dessen Diskussion noch polemischer geführt wurde als die rituelle Verärgerung über die alljährliche Bierpreiserhöhung. Man mag es für ein Phänomen einer Zeit halten, in der um München herum nahezu Vollbeschäftigung herrscht, dass heuer weniger gejammert wird, wie viel Geld man bei einem Wiesnbesuch auf der Bierbank liegen lässt sondern viel mehr darüber, dass man ja gar nicht mehr so leicht dazu kommt, sein Geld in die Kassen der Wirte einzahlen zu dürfen. Das Thema, das im Vorlauf der Wiesn 2013 die Gemüter erhitzt, ist die neue Reservierungsregelung.
Als Zuckerl für den kleinen Mann gedacht, das Dieter Reiter, den bislang noch zu unbekannten potentiellen Nachfolger Christian Udes auf dem sozialdemokratischen Thron der Stadt München, in Stellung bringen sollte, sorgte es in der Münchner Presse für einige Quadratmeter Zeitungspapier, auf denen erboste Stammgäste ihrem Ärger über verlorengegangene Wiesntische Ausdruck verleihen konnten. Wiesnreservierungen werden normalerweise über Jahre von den gleichen Gästen reserviert, was dieses Jahr aufgrund der Reduzierung der reservierfähigen Plätze in einigen Fällen nicht in vollem Umfang möglich war.
Reservierungsverbote sind auf der Wiesn nicht neu und haben sich über die Jahre bewährt. 2001 hieß es sogar noch, die Verbote hätten dem Laufpublikum sogar an Wochenende noch freie Plätze beschert. Die damals erweiterten reservierungsfreien Bereiche an den Freitagen wurden allerdings im Jahr darauf ohne Begründung wieder verkleinert. Ein Drittel musste bis zum vergangenen Jahr unter der Woche in den Mittelschiffen freigehalten werden. An den Wochenenden durfte in den Mittelschiffen erst nach 17:00 Uhr zu einem Drittel reserviert werden. Mit der Zeit höhlten die Wirte diese Beschränkungen zunehmend aus. In fast allen großen Zelten wurden Boxen in die Mittelschiffe gezogen, um mehr Spielraum bei den Reservierungen zu haben.
Dass die Wirte nun weniger Stammgäste berücksichtigen können, weil ihnen reservierbare Tische verlorengehen ist zumindest zu einem Teil ihrer eigenen Kreativität zuzuschreiben. Da ab sofort das Reservierungskontingent nicht mehr am Mittelschiff sondern an der Gesamtzahl der Plätze im Innenraum bemessen wird, sind die Mittelschiffboxen fortan also wirkungslos. Die leidtragenden des nun revidierten Innovationsdrangs der Wirte sind letztendlich die Stammgäste, deren Tische einfach nicht mehr reservierbar sind. Dass sich die Stadt in dieser Angelegenheit nicht mehr auf der Nase herumtanzen lässt, ist prinzipiell erfreulich. Ob die Neuregelung eine Verbesserung für die Wiesnbesucher bringt, wird sich erst noch zeigen. Erfreulich ist aber sicherlich, dass die in einigen Zelten am Nachmittag gespenstisch leeren Reservierungsbereiche nun weniger furchteinflößend daherkommen.