Wirte erfüllen ihre Pflichten zur Gültigkeit von Gutscheinen nicht.

Aktualisierung: Wir wurden von der Pressestelle in Reaktion auf den Artikel darauf hingewiesen, dass unseren Hinweisen sehr wohl nachgegangen wird.

Seit vielen Jahren schon ist es Usus, dass die bei den Wiesnwirten gekauften Verzehrgutscheine auch nach der Wiesn noch eingelöst werden kann. Um zusätzlichen Druck vom letzten Wochenende zu nehmen, der durch diejenigen verursacht wird, die eigentlich nur auf die Wiesn gehen, um ihre Markerl zu retten, wird in den „Betriebsvorschriften für das Oktoberfest“ unmissverständlich folgendes geregelt: „Die Wiesn-Gastronomen müssen zusätzlich die Möglichkeit bieten, die nicht verbrauchten Gutscheine noch innerhalb einer angemessenen Frist, mindestens jedoch bis 31.10. in ihrem Lokal einzulösen oder den Gutscheinbetrag zurückzuerstatten.“

Seit einigen Jahren untergraben einige Wirte den Sinn dieser Regelung, indem sie den Wert der Markerl nachträglich reduzieren. Dies ist heuer beim Armbrustschützenzelt, dem Hackerzelt und dem Hofbräuzelt der Fall. Beim Kauf der Gutscheine wird der Käufer häufig über ihren Wert und Gültigkeit der Wiesn im Unklaren gelassen. Beim Hofbräuzelt heißt es beispielsweise in den AGB, „Sie besitzen nur Gültigkeit für das Oktoberfest 2022“ und beim Hackerzelt wird auf die Wertminderung hingewiesen, ohne diese jedoch zu beziffern.

Heuer kommen zwei weitere Problemfälle hinzu. Im Falle des Marstall-Festzelts heißt es in der Mitteilung der städtischen Pressestelle, „Gesamtvoucher aus Reservierungen können nach dem Oktoberfest nicht mehr eingelöst werden. Nur die Einzelmarken können noch eingelöst werden“. Hieraus lassen sich zwei Kuriositäten lesen:

  1. Der Marstall gibt Gesamtgutscheine für die Reservierungen aus. Diese werden jedoch, wie berichtet, in den städtischen Verträgen mit den Wirten seit 2015 auf einen Stadtratsbeschluss hin verboten. Seit 2015 setzt die Festleitung diese Regel jedoch offensichtlich nicht um.
  2. Da mit einer Reservierung gezwungenermaßen ein „Gesamtvoucher“ erworben werden muss, ist also der überwältigende Teil der Gutscheine von einer Einlösung nach der Wiesn ausgeschlossen. Die städtische Regelung kennt jedoch keinerlei Ausnahmen.

Für deutlich größere Wellen hat jedoch der zweite große Problemfall gesorgt, wohl nicht zuletzt, weil das Festzelt der Paulanerbrauerei auch von hiesigen besucht wird. Das Zelt wurde heuer erstmals von Arabella Schörghuber in Eigenregie geführt. Diese betreibt seit 2021 jedoch keine Gastronomie mehr. Nach dem Verkauf der Grünwalder Einkehr, hätte sie längst den Spöckmeier übernehmen sollen, der jedoch nach langer Verzögerung erst im März 2023 wiedereröffnen soll.

Kurzum: Die Wirtin verfügt über keine Wirtschaft, in der ihre Gäste ihre überzähligen Markerl einlösen könnten. Um den Betriebsvorschriften zu entsprechen, hätte sie nun zwei Maßnahmen ergreifen können: Die Gültigkeit der Gutscheine wird verlängert, bis der Spöckmeier endlich wiedereröffnet, oder die Gutscheine einfach zurücknehmen.

In der Pressemitteilung, die das Referat für Arbeit und Wirtschaft am 29. September herausgegeben hat, heißt es, „Nicht verbrauchte Bier- und Essenszeichen vom Paulaner Festzelt ausschließlich aus dem gleichen Jahr, können im Büro in der Westenriedstrasse 19, 80331 München zurückgegeben und erstattet werden“. Wer sich aufgrund dessen auf in die Westenriederstraße machte, musste jedoch feststellen, dass sich dabei um eine Fehlinformation handelt. Tatsächlich werden nämlich nur Gutscheine zurückgenommen, die nicht Teil des Mindestverzehrs waren. Der Großteil der Markerl ist also von der Rücknahme ausgenommen.

Nachdem einige Gäste daran scheiterten, ihre Wiesnmarkerl zurückzugeben, was gemäß der städtischen Pressemitteilung möglich sein sollte, veröffentlichte das Winzerer Fähndl einen deutlichen Hinweis auf seiner Internetseite.
Nachdem einige Gäste daran scheiterten, ihre Wiesnmarkerl zurückzugeben, was gemäß der städtischen Pressemitteilung möglich sein sollte, veröffentlichte das Winzerer Fähndl einen deutlichen Hinweis auf seiner Internetseite.

Inzwischen ist die in den Betriebsvorschriften verpflichtend vorgesehene Frist zur Gutscheineinlösung verstrichen. Trotz unseres Hinweises an die Pressestelle wird die Information zur Gutscheinrücknahme weiterhin unverändert verbreitet.

Wir können nur hoffen, dass sich doch die ein oder andere Stadtratsfraktion doch noch des Problems annimmt, wenn die Verwaltung schon nicht will. Diejenigen, die nun Markerl im Wert von mehreren hunderten Euro zuhause liegen haben, weil sie der Information des RAW Glauben schenkten, brauchen schließlich jetzt sofort eine Lösung.

Generell fragt man sich (immer und immer wieder), wieso die Stadt derartige Probleme hat, ihre eigenen Vorschriften durchzusetzen. Eigentlich würde man sich doch vorstellen, sie säße an einem sehr langen Hebel. Schließlich wird kein Wirt in den Wirteolymp geprügelt. Sie alle müssen sich jedes Jahr wieder um eine Zulassung bemühen, deren Erteilung kein Naturgesetz sein darf.

Wenn die Wiesn nicht durch ihren Veranstalter geregelt wird, wird sie aufgrund des Desinteresses ihrer Beschicker am großen Ganzen ihren Charakter als traditionelles Volksfest verlieren. Die Brüchigkeit des intellektuellen Fundaments, auf dem die Wiesn steht, wenn man von einem solchen derzeit überhaupt reden kann, wird nach der Anmeldung der Marke Oktoberfest umso problematischer. Denn wie soll die Markeninhaberin nach außen hin erklären, was das Oktoberfest ausmacht, wenn es doch seit Jahren schon nach innen nicht funktioniert?

Aktualisierung: Wir wurden inzwischen von Lesern darauf hingewiesen, dass auch beim Schottenhamel der Gutscheinwert reduziert wird, was auf deren Internetseite und den AGB nicht erwähnt wird. Außerdem räumt anscheinend auch die Entenbraterei Poschner mangels Stammhaus weder eine Einlöse- noch Rücknahmemöglichkeit ein. Auch das Löwenbräu-Festzelt reduziert den Gutscheinwert bei der Einlösung in der Hirschau.

Außerdem haben wir ursprünglich geschrieben, dass wir trotz erneuter Nachfrage auch keine Stellungnahme der Festleitung bekommen hätten, ob diese denn überhaupt einen Regelverstoß feststellt und welchen Folgen dieser hat. Im Nachgang wurden wir darauf hingewiesen, dass die (sehr allgemein gehaltene) Antwort vielmehr so zu verstehen war, dass sich die Stadt des Themas annimmt. Die betroffenen Betriebe werden von der Verwaltung angehört. Sollte dabei festgestellt werden, dass es sich um vertragswidriges Verhalten handelt, werden die dazu aufgefordert, den Mangel zu beseitigen.