Die Preise auf der Wiesn - nicht nur der Bierpreis - wären ohne Deckelung noch viel effizienter korrigierbar.
Heute, 100 Tage vor Wiesnbeginn, wurde bekannt, dass der Wiesnbierpreis heuer bis zu 10,95€ und damit wieder 25 Cent mehr als noch im Vorjahr betragen wird. Erstaunlicherweise interpretieren einige Medien diesen Preis so, als seien die Wirte selber auf die Bierpreisbremse gestiegen. Doch demonstriert dieser Anstieg nicht vielmehr, dass die Wirte die Zeichen der Zeit eben nicht erkannt haben und damit auch nach dem Scheitern der Schmidt’schen Bierpreisbremse nicht zum Abebben der Bierpreisdiskussion beitragen werden?
Die von Bürgermeister Josef Schmid forcierte, im Stadtrat aber gescheiterte, zweijährige Deckelung des Bierpreises auf dem Oktoberfest auf 10,70€ ist, wie bereits kritisiert, überhaupt erst dadurch ins Gespräch gekommen, dass die Stadt München – ebenfalls von Schmidt forciert – inzwischen massiv gestiegene Kosten für die Ausrichtung des größten Volksfestes der Welt gerne auf die Wiesn-Beschicker umlegen würde, damit der Steuerzahler nicht deren Gewinne zu subventionieren hat. Damit die Wirte die gestiegenen Kosten für die Pacht anschließend nicht gleich wieder auf die Besucher umlegen, sollte wenigstens der plakative Bierpreis folglich gedeckelt werden.
Prinzipiell ist es tatsächlich notwendig, dass die Beschicker und damit insbesondere die Wiesnwirte als Großverdiener die für ihre hochprofitablen Betriebe notwendige Infrastruktur selber bezahlen und nicht der Steuerzahler. Auch ist es mindestens fragwürdig, ob Einzelne in dem erheblichen Maße, wie es derzeit der Fall ist, von einer städtischen Veranstaltung profitieren dürfen. Doch um die Profite der Wirte auf ein akzeptables Maß zu senken, gäbe es ein sinnvolleres Mittel als eine städtische Preisfestsetzung: Die Preise sollten Teil der Bewerbung werden.
Ein Extrembeispiel für ein Volksfest, bei dem die Preise sogar das ausschlaggebende Kriterium für die Vergabe eines Festzeltes sind, ist sicherlich das Dachauer Volksfest, wo heuer die Maß für 5,80€ zu haben ist. Ein solche extreme Preisfixierung kann kein Modell für die Wiesn sein, da die extremen Aufwendungen, die die Wirte tätigen, schließlich auch dem Charakter des Festes dienen. Auf der Theresienwiese verschleißt man sein Bier nur deshalb in prachtvollen Holz- und nicht in Aluminiumbauten, weil der Aufwand zurechtfertigen ist. Aus dem gleichen Grund wäre auch ein jährlicher Wirtewechsel nicht wünschenswert, weil sich diese Investitionen nur über mehrere Jahre rechnen und ein Zeltneubau deshalb mit einer gewissen Planungssicherheit einhergehen muss.
Doch genau an diesem Punkt, bei der Planungssicherheit, ist die Wiesn inzwischen zum negativen Extrembeispiel mutiert: Der Großteil der großen Festzelte wird mindestens in der zweiten Generation geführt. Ein Wirteclan, der in den letzten Jahrzehnten zu einer Konzession gekommen ist, scheint nie wieder befürchten zu müssen, diese zu verlieren – egal welche Preise man in die Speisenkarte schreibt.
Doch es gäbe einen Weg aus dieser Misere, der Wettbewerbsförderung und Planbarkeit vereint: Die Wirte dürfen nicht mehr selber in die Zelte investieren müssen. Wenn Ihnen die Zelte nicht gehören, kann theoretisch jedes Jahr ein anderer Wirt, der sich bei der Bewerbung neben seinen Fähigkeiten als Wirt auch durch günstige Preise hervorgetan hat, ein Zelt führen. Er tritt schließlich nur als Pächter, nicht als Eigentümer auf.
Hierfür muss man wissen, dass die Strukturen des Oktoberfestes davon gar nicht so weit entfernt wären, oder zumindest nicht weit davon entfernt sein sollten. Die großen Zelte werden nämlich in drei Kategorien vergeben: Die Plätze des Armbrustschützen- und des Schützenzeltes gehören den jeweiligen Schützengilden, die sieben Brauereizelte den Brauereien, welche der Stadt ihre Wirte vorschlagen. Dazu kommen die Wirtszelte Marstall, Fischer-Vroni, Käfer, Weinzelt und Schottenhamel, die bis auf den neuen Marstall alle nicht mehr von der ersten Generation geführt werden.
Diese Zelte werden direkt von der Stadt vergeben. Marstall-Wirt Able will beispielsweise in sein neues Zelt sieben Millionen Euro investiert haben, weshalb er fünf Jahre auf der Wiesn bleiben muss, um kein wirtschaftliches Fiasko zu erleben. Die derzeitige Vergabepolitik gibt ihm diese Sicherheit. Wenn allerdings die Stadt München die betreibereigenen Zelte übernehmen würde, könnte Sie jedes Jahr die tatsächlich fähigsten und günstigsten Wirte auswählen – überzogene Preise könnten damit der Vergangenheit angehören. Damit könnte die Stadt auch dagegen angehen, dass der Untergang einzelner Clans auch den Untergang des jeweiligen Zeltes bedeutet, wie man es beim Hippodrom bereits gesehen hat. Wer es hätte weiterbetreiben wollen, hätte nicht nur das Zelt selber, sondern auch die Markenrechte von Ex-Wirt Sepp Krätz erwerben müssen.