Die Wiesn 2021 wurde wegen der SARS-CoV-2-Pandemie abgesagt.

138 Tage vor dem eigentlich vorgesehenen Beginn des 187. Münchner Oktoberfests und gut ein Jahr nach dessen erster Verschiebung, lud die bayerische Staatskanzlei zur Pressekonferenz mit Ministerpräsident Markus Söder und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter.

Beide hatten kurz zuvor eine Konferenz mit den Bürgermeistern der Städte der großen Volksfeste in Bayern und kamen gemeinsam zu dem Entschluss, alle großen Volksfest in Bayern heuer erneut abzusagen. Laut Söder haben im Wesentlichen drei Gründe für die Absage geführt:
1. Die Lage sei zu unsicher, auch im Hinblick auf wirtschaftliche Verpflichtungen für Beschicker und Veranstalter.
2. Die Marken der Feste, insbesondere des Oktoberfests könnten beschädigt werden, wenn die Fest unter Auflagen stattfinden.
3. Auflagen wie Abstände und Masken sind auf Volksfesten praktisch kaum umsetzbar.

Die Initiative für die einheitliche Regelung für die bayerischen Volksfeste kam von Dieter Reiter, denn „wir als Kommunalpolitiker müssen Verantwortung für Gesundheit der Bevölkerung höher gewichten.“. Die Absage erfolgte auch im intensiven Austausch mit den Beschickern, die jetzt hätten Verträge schließen und Personal aktivieren müssen. Deshalb wäre eine weitere Aufschiebung der Entscheidung nicht sinnvoll gewesen.

Ein Spekulieren auf einen ausreichenden Impffortschritt im September hält Reiter für zu unsicher – nicht nur im Hinblick auf die zuverlässige Lieferung von Impfstoffen, sondern auch was den Anteil der Bevölkerung angeht, der sich auch impfen lassen will. Auch sei eine ausgelassene, angstfreie Atmosphäre entscheidend für den Erfolg der Wiesn. Diese könne unter den Umständen einer Pandemie nicht sichergestellt werden.

Zugangsbeschränkungen könne sich Reiter ebenfalls nicht vorstellen. Auch angesprochen auf das von einem Schauspieler geplante Fest in Dubai machte er deutlich, „ein Volksfest bei dem das Volk selber nicht zugelassen ist, kann ich mir nicht vorstellen.“.

Laut Reiter entgingen der Stadt München mit der Wiesnabsage Umsätze in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Da der Sommer in der Stadt letztes Jahr gut funktioniert habe, werde man heuer auch wieder in diese Richtung denken. Söder kündigte bereits bayernweit seine Unterstützung bei der Genehmigung von verteilten Veranstaltungen als Volksfestersatz an.

Mit der letztjährigen Absage fand die längste Serie ohne Unterbrechung gefeierter Oktoberfeste ihr Ende. Seit 1949 fand die Wiesn 70 mal in Folge statt. Der zweite durch den SARS-CoV-2-Virus verursachte Ausfall bedeutet die 26. Absage in der Geschichte des Oktoberfests seit 1810. Bereits zum vierten Mal ist eine Infektionskrankheit der Grund für seine Absage. Während die erste Cholera-Epidemie 1836 trotz 1000 toter Münchner nicht zu einer Absage führte, wurde in den Jahren 1854 mit 3000 und 1873 mit 1400 Choleraopfern lieber auf das Fest verzichtet.

Kommentar

Überrascht hat der erneute Wiesnausfall wohl niemanden mehr. Vor einem Jahr noch haben wir geschrieben, dass nach der selbstverständlichen Absage im Vorjahr, die weitaus schwierigere Entscheidung eher 2021 drohen würde. Damals war es noch nicht absehbar, dass die bayerische Staatsregierung nach einer sehr erfolgreichen Krisenbewältigung im letzten Frühjahr, wenig später keine wirkungsvollen Maßnahmen mehr durchsetzen würde, um die Pandemie nachhaltig einzudämmen.

Der Blick ins europäische Ausland, beispielsweise nach Portugal, zeigt, wie entspannt das Frühjahr samt geöffneter Biergarten derzeit in Bayern sein könnte. Mit beherztem, zeitigem Durchgreifen hätte man den Gastronomen vermutlich einige Schließungsmonate sparen und für Planungssicherheit im Bezug auf die Voraussetzungen für Veranstaltungen in diesem Sommer sorgen können.

Mit ihren Rufen nach Lockerungen sorgten jedoch nicht zuletzt auch Vertreter des Gastgewerbes stattdessen für eine Stimmung, in der es der Staatsregierung offenbar nicht mehr opportun schien, angemessen durchzugreifen. Erreicht haben sie mit ihren kurzsichtigen Forderungen jedoch das Gegenteil ihrer eigentlichen Ziele.

Machen wir uns jedoch auch nichts vor. Eine erneute Absage einer so großen Veranstaltung wie des Oktoberfestes wäre durch wirkungsvolles Eingreifen bestimmt auch nicht vermeidbar gewesen. Doch wenigstens um den erneut drohenden Totalausfall der Volksfestsaison wäre man wahrscheinlich herumgekommen.

Hoffen wir nun, dass sich in den kommenden Monaten ein ausreichend großer Teil der Bevölkerung seiner Verantwortung für die Wiederherstellung eines öffentlichen Leben bewusst wird und wir in 502 Tagen wohlgeimpft auf eine schöne Wiesn anstoßen können.