Bei der Gutscheingültigkeit nach dem Oktoberfest zwickt es weiterhin.

In einer Zeit lange vor der Gründung des Wiesnkinis stellte der Veranstalter des schönsten Volksfests der Welt fest, dass es zu seinem Ende hin regelmäßig zu einem besonders hohen Andrang kam, weil zahlreiche Gutscheininhaber die Wiesn nur deshalb aufsuchten, um ihre Markerl nicht verfallen zu lassen. Als durchaus sinnvolle Lösung verpflichtete die Landeshauptstadt in der Folge die Wirte, die Markerl auch nach der Wiesn in ihren Stammhäusern noch anzuerkennen. Dies funktionierte für viele Jahre offenbar recht gut. Zwar erweckten die Wirte gerne den Eindruck, die Gutscheine verfielen nach der Wiesn, doch brachte eine städtische Pressemitteilung einige Tage vor Wiesnende das Thema regelmäßig in die Tagespresse, sodass es die Regelung zu ausreichender Bekanntheit brachte.

Erste Risse bekam sie in den letzten Jahren dadurch, dass eine wachsende Zahl von Wirten den Wert der Gutscheine nach der Wiesn minderte. Kurioserweise wurde dies beispielsweise mit der anderen Kostenstruktur begründet. Demzufolge müsste die Wiesn eigentlich generell günstiger als die Stammhäuser sein. Dass die Stadt den Wirten zwar vorschreibt, die Gutscheine auch nach der Wiesn noch einlösbar zu machen, es ihnen aber gleichzeitig offen lässt, deren Wert nachträglich zu ändern, wirkt ebenso eigenartig.

Wieso die Regelung 2023 nicht mehr funktioniert

2023 blieb nach vielen Jahren erstmals die bereits erwähnte städtische Pressemitteilung Mitte der zweiten Woche aus. Dies bedeutet, dass die Verlängerung der Markerlgültigkeit nicht die gewohnte Aufmerksamkeit in der Tagespresse bekam. Dies ist jedoch essenziell, wenn damit tatsächlich Menschen davon abgehalten werden sollen, nur zur Gutscheineinlösung auf die Wiesn zu rennen. Im Vorjahr enthielt die Presseinformation leider einen erheblichen Mangel, da die Festhalle der Paulanerbrauerei ihre Markerl schlichtweg mit Wiesnende verfallen ließ. Hinzukommt, dass es die Wertminderungen, die die Markerl einiger Wirte nach der Wiesn erfahren, es unattraktiv macht, sie nicht auf der Theresienwiese einzulösen.

Es ist uns bekannt, dass mehrere Wiesnwirte äußerst unglücklich über die neu eingeführte Verlängerung der Einlösungsfrist bis Jahresende (vormals 31.10.) sind. Eine direkte Konsequenz daraus scheint zu sein, dass das Hackerzelt heuer Oktoberfestgutscheine im Stammhaus bei verringertem Wert weiterhin nur bis Ende Oktober einlöst. Danach können die Gutscheine nur noch zurückgegeben werden. Auch bei der Fischer-Vroni können die Markerl trotz einer langen Liste an Stammhäusern abseits der Auer Dult nur zurückgegeben werden und das Paulaner-Festzelt bietet gar keine andere Möglichkeit an. Das Problem hierbei ist, dass es nur dem Erwerber der Markerl gestattet wird, diese auch zurückzugeben. Während Hackerzelt und Fischer-Vroni die Rückgabe immerhin postalisch abwickeln, dürften die knapp bemessenen Büroöffnungszeiten der Paulaner-Wirtin zusätzlich für Verdruss sorgen.

Aufhorchen lässt aber insbesondere ein Satz auf dem Formular des Hacker-Festzelts, das zur Rückgabe ausgefüllt werden muss. Darauf heißt es nämlich, „mir ist bewusst, dass die Rückgabe von Gutscheinen aus der ursprünglichen Mindestverzehrmenge zu einer Anpassung im nächstjährigen Tischreservierungsumfang führt.“ Wer vom Reservierungsbüro nicht zur Persona non grata erklärt werden möchte, sollte somit lieber nicht auf die Rückgabe pochen. Daraus ergibt sich eine neue Frage: Ist es denn überhaupt noch ratsam, Markerl nachträglich einzulösen, bzw. umzutauschen, wenn manchen Wirten offensichtlich das Verständnis für diese Möglichkeit abhandengekommen ist? Auch ohne Rückgabeformular lässt sich schließlich zurückverfolgen, aus welcher Reservierung die nachträglich eingelösten Wertzeichen stammen. Hinzukommt, dass gerade das Hackerzelt normalerweise nicht zu den üblichen Verdächtigen gehört, die immer wieder mit Kundenunfreundlichkeit Aufsehen erregen.

Während man freilich keinen Wirt davon abhalten kann, einem Gast keine Reservierung mehr anzubieten – und wenn es nur aus Gründen der Umsatzoptimierung geschieht, sollten sich die Verantwortlichen aber vielleicht doch einmal den nachwiesntlichen Werteschwund anschauen. Besonders auffällig ist, dass die Festhalle der Paulanerbrauerei, die im Vorjahr den Wert der Gutscheine nach dem Oktoberfest vollständig für nichtig erklärt hat, heuer zwar eine Rückgabemöglichkeit anbietet (was letztes Jahr ebenfalls hätte erfolgen können), aber 15€-Gutscheine nicht zurücknimmt. Richtig böse scheint Wirtin Arabella Schörghuber letztes Jahr niemand gewesen zu sein.

Die 15€-Gutscheine bekommt man im Rahmen von Boxenreservierungen zusätzlich aufs Auge gedrückt. Man könnte dieses Negativbeispiel vielleicht sogar als Anlass nehmen, zu hinterfragen, wieso man in den Boxen, wo die Reservierungszeit am Abend in der Regel am kürzesten ist, überhaupt mehr Mindestumsatz leisten muss. Und wieso ist es weiterhin möglich, Teile des Mittelschiffs als Boxen zu deklarieren, um dort eben einen höheren Mindestverzehr zu verlangen?

Zuletzt würden wir gerne noch einmal den Vorschlag ins Gespräch bringen, die Einlösbarkeit nach der Wiesn durch eine Einlösbarkeit im Folgejahr zu ersetzen. Wer 15 € für einen Gutschein bezahlt hat, muss sich aber auch darauf verlassen können, dass dieser ein Jahr später weiterhin 15 € wert ist.