Hilfe zur Selbsthilfe: Wie könnten die Münchner Schausteller gerettet werden?
Auf über 1,2 Milliarden Euro wird die Umwegrentabilität des Münchner Oktoberfests geschätzt, 500 Millionen Euro werden jährlich direkt am Festplatz umgesetzt. 2019 verteilte sich dieser Umsatz auf 550 verschiedene Beschicker, vom Brotzeitstandl über die Fahrgeschäfte, bis hin zu den großen Festhallen mit bis zu 10000 Plätzen.
Ein wesentlicher Teil dieser 550 Beschicker sind Profis, für die die Wiesn kein Zubrot zu einem „bürgerlichen“ Beruf ist, sondern die ausschließlich von Volksfest oder ähnlichen Veranstaltungen leben. Für diese Schausteller ist inzwischen nahezu sicher, dass die gesamte Volksfestsaison in Bayern ausfällt und auch hinter den Christkindlmärkten, die für viele eine weitere wichtige Einnahmequelle sind, steht momentan ein großes Fragezeichen.
Ein Jahr ohne Umsätze führt freilich für die meisten Unternehmen zu existentiellen Problemen. Insbesondere, wenn erst vor kurzem große Investitionen getätigt wurden. Deshalb stellt sich uns die Frage, ob es nicht möglich wäre, den Münchner Schaustellern eine Möglichkeit zur Selbsthilfe zu geben.
Machen wir uns nichts vor: Solang es keinen Impfstoff für Covid-19, brauchen wir uns auf alles, was Menschen räumlich zusammenbringen soll, keine großen Hoffnungen machen. Möglicherweise wird sogar die Entscheidung über das Stattfinden der nächsten Wiesn deutlich schwieriger als sie es heuer war. Somit scheitern Überlegungen, Volksfeste unter bestimmten Hygienemaßnahmen doch durchführen zu können, noch für längere Zeit am Gebot des Abstandhaltens zwischen Menschen, die nicht im gleichen Haushalt leben.
Doch wie wäre es, wenn wir Standl und Fahrgeschäfte hunderte Meter, ja gar Kilometer weit voneinander entfernt einzeln aufstellen und somit prinzipiell Menschenansammlungen vermeiden? Wie wäre es mit dem Toboggan am Marienplatz, einen Break Dancer am Stachus und einer Wilden Maus im Englischen Garten? Ein Laufgeschäft am Harras, Rund um den Tegernsee am Max-Joseph-Platz und Skyfall am Odeonsplatz?
Im Ostpark, Westpark, auf der Theresienwiese, dem Mariahilfplatz, im Hirschgarten, am Messesee, kurz überall dort, wo es problemlos möglich wäre, ein Fahrgeschäft, möglicherweise flankiert von einem Essensstandl, aufzubauen und dafür zu sorgen, dass sich die Warteten wie im Supermarkt mit ausreichendem Abstand anstellen.
In den Sommerferien, wenn die Münchner Bevölkerung normalerweise durch Touristen ausgetauscht wird, wird heuer eine sechsstellige Zahl an Kindern und Jugendlichen nach jedem Freizeitangebot lechzen, dass sich ihnen in dieser unterhaltungsarmen Zeit bietet. Familien könnten die weit auseinanderliegenden Attraktionen für ausgedehnte Spaziergänge nutzen.
Aufwendige, geldfressende Planungen verbieten sich in diesen Zeiten, in denen niemand weiß, ob wir in einigen Wochen und Monaten noch in der komfortablen Lage sind, auf ein funktionsfähiges zurückgreifen zu können, oder ob zunehmende Akzeptanzprobleme der den Alltag einschränkender Maßnahmen uns nicht doch noch in katastrophale Verhältnisse führen, die ein Leben mit dem Virus unmöglich machen würden.
Vorausgesetzt, die Platzverhältnisse sind geklärt, dürfte sich eine derart entzerrte Veranstaltung, bei der nur die einzelnen Schausteller um ihre eigenen Geschäfte kümmern müssen, jedoch relativ kurzfristig und ohne große Investitionen realisieren und zur Not auch wieder beenden lassen.
Was meinen Sie? Wäre diese Idee umsetzbar? Wäre sie attraktiv genug um überhaupt wirtschaftlich zu sein?
Nachtrag: Am 13. Mai wird sich der Stadtrat mit Möglichkeiten, die Schausteller zu unterstützen, beschäftigen. Ob die Diskussion über das Aufstellen von Schaustellerbuden auf Marktplätzen hinausgeht, wird sich erst noch zeigen müssen.
2. Nachtrag: Der Sommer in der Stadt findet vom 24. Juli bis 6. September statt.